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Zahlen des Gutachtens

 

Wirtschaft

Deutschland am Rande der Rezession

Eichel will Haushaltsdefizit wie geplant weiter senken und lehnt ein Vorziehen der Steuerreform ab.

Berlin (23.10.2001, 9:50 Uhr)
Die deutsche Wirtschaft befindet sich nach Ansicht der sechs führenden Konjunkturinstitute bereits «am Rande einer Rezession». Dies stellen die Forscher in ihrem Herbstgutachten fest, das sie heute in Berlin vorstellen werden. Die Prognosen gleichen sich in etwa mit denen der Regierung.

Wie vorab in Auszügen bekannt wurde, gehen sie davon aus, daß im kommenden Winter die Zahl der Arbeitslosen von 3,74 Millionen im September auf sogar 4,25 Millionen explodieren werde, Ende nächsten Jahres aber wieder 3,8 Millionen erreichen.Das deutsche Bruttoinlandsprodukt wachse in diesem Jahr im Schnitt nur um 0,7 Prozent und im kommenden Jahr um 1,3 Prozent nach plus 3,0 Prozent im Jahr 2000.

Empfehlungen der Institute

Die Institute empfehlen Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) deshalb, auf die geplante Senkung des Haushaltsdefizits im kommenden Jahr zu verzichten und es annähernd auf dem Niveau des laufenden Jahres zu halten. «Dann wäre es möglich, die für das Jahr 2003 beschlossene Stufe der Steuerreform in Höhe von 13,5 Milliarden DM auf das kommende Jahr vorzuziehen.» Das würde die Nachfrage stabilisieren und die Angebotsbedingungen weiter verbessern.

Eichel hatte das aber am Vorabend in einer ARD-Talkrunde rundherum als unfinanzierbar abgelehnt. Die 13 Milliarden würden es «auch nicht bringen». Wohl aber würden die öffentlichen Etats verfassungswidrig belastet mit negativen Folgen für den Euro.

Wegen Beeinträchtigung auch der Haushalte der Länder würden deren Finanzminister im Bundesrat ebenfalls Nein sagen. Zugleich bekräftigte das Eichel- Ministerium, dass auch an der Erhöhung der Ökosteuer für Benzin und Strom zum kommenden Jahreswechsel festgehalten werden solle.

Druck aus der SPD auf Eichel

Allerdings nimmt jetzt auch aus der SPD der Druck auf Eichel zu, der schwachen Konjunktur im Jahr 2002 mit höheren neuen Schulden gegenzusteuern. So sollten Bau-, Verkehrs- und Bildungsinvestitionen im Höhe von fünf bis zehn Milliarden DM vorgezogen werden, schlug der SPD-Experte Klaus Lennartz im Gespräch mit der «Berliner Morgenpost» vor. Er habe «starken Rückhalt bis in die Fraktionsspitze».

CDU/CSU-Haushaltssprecher Dietrich Austermann sprach von Milliarden-Haushaltslöchern von sieben bis acht Milliarden DM (3,58 bis 4,1 Mrd Euro) in diesem Jahr und brutto 15 bis 16 Milliarden DM im nächsten. Eichel müsse deshalb sofort einen Kassensturz für 2001 machen und ein neues Haushaltsgerüst für 2002 vorlegen.

Vorziehen der Steuerreform vom Einzelhandel gefordert

Auch Einzelhandel und Handwerk forderten erneut, die Steuerreform vorzuziehen. «Das wäre nicht zuletzt auch hilfreich für die bevorstehende Tarifrunde», sagte Handwerkspräsident Dieter Philipp. Fast jeder zweite Deutsche erwartet in den kommenden zwölf Monaten eine weitere Verschlechterung der Wirtschaftslage, wurde in einer repräsentativen dimap-Umfrage (ARD-Auftrag) ermittelt.

Das Finanzministerium selbst dokumentierte im jüngsten Monatsbericht die anhaltende Schwäche der Konjunktur. «Zu unsicher sind derzeit noch die Auswirkungen der Terroranschläge vom 11. September», heißt es in dem Bericht. Nun warte man mit Spannung darauf, wie Verbraucher und Investoren auf die neue Situation reagierten.

Der Einzelhandel spürt unterdessen, dass wegen der Terroranschläge in den USA und der Angriffe auf Afghanistan die Kauflust der Bürger noch schwächer geworden ist. «Die Leute haben Angst», sagte der Einzelhandelspräsident Hermann Franzen in Berlin. Die Stimmung spreche nicht für ein gutes Weihnachtsgeschäft.

Erholung im zweiten Halbjahr 2002 vorsichtig optimimistisch erwartet

Die Institute sind vorsichtig: «Unter der Voraussetzung, dass es nicht zu weiteren massiven Terroranschlägen, einer Ausweitung des Konflikts sowie einer Beeinträchtigung der Ölversorgung kommt, setzt sich ab dem ersten Halbjahr 2002 eine weltweite Erholung durch, die auch dem Welthandel wieder Schwung verleiht.»

Zu Deutschland heißt es: «Der Konjunkturabschwung hatte schon vor einem Jahr begonnen und die direkten und indirekten Auswirkungen der Terroranschläge belasten das Wirtschaftsklima zusätzlich. Die Schwächephase wird bis Jahresende anhalten.» Eine moderate Lohnpolitik soll Nachschlagsforderungen vermeiden.

 

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Bundesfinanzminister Eichel steht unter Druck.