Die Spaßmacher

"Wir spielen beide gern", sagt Volker Wieprecht über das, was ihn mit Robert Skuppin verbindet. Seit mehr als zehn Jahren bilden die beiden ein Tandem - als sich permanent kabbelnde Radio-Moderatoren in Diensten von Radio Eins und inzwischen auch als Geschäftsführer des "Apparat". Die Agentur entwickelt von der kompletten Sendung bis zum Übertragungskoffer Dinge, die das Radio netter machen sollen. Was sind die beiden jetzt? Spielkinder, altes Ehepaar oder Businessmen der Gute-Laune-Branche?

Frage: Sie wirken leicht irritiert. Was ist los?

Skuppin: Wir sind wegen Ihnen sehr pünktlich in die Agentur gekommen. Und wir haben festgestellt, dass unsere Mitarbeiter höchstens eine Minute vor uns eintrudeln und uns schon schweren Betrieb vorgaukeln, wenn wir die Tür aufmachen.

Wieprecht: Wir haben potemkinsche Mitarbeiter.

Skuppin: Wir sind nicht böse. Wir sind nur sehr traurig darüber.

Frage: Aber warum wir eigentlich hier sind: Sie haben eigene Sendungen auf Radio Eins. Sie haben eine eigene Firma und jetzt gibt es auch noch ein eigenes Buch, in dem Sie Ihre besten Radio-Dialoge verbreiten. Warum?

Wieprecht: Die Idee hatte unser reizender Lektor. Wir haben dann das Material in Zusammenarbeit mit dem Lektorat und mit den Leuten aus unserer Firma gesichtet. Dann haben wir noch zwei einleitende Artikel davor gestellt und das Buch war fertig. So einfach war das.

Frage: Hätte man nicht auch direkt die Bänder nehmen und das ganze als Hörbuch herausbringen können?

Wieprecht: Teilweise sind die Mitschnitte in einer so schlechten Qualität, dass wir selber rätseln mussten, was wir da gesagt haben. Aber wir haben auch nie darüber nachgedacht, ob wir das machen wollen.

Frage: Sie haben gesagt, Sie haben die Elemente für das Buch auch von anderen Leuten aussuchen lassen. Gibt es einen großen Unterschied zwischen den Sachen, die man selber für komisch hält und denen, die anderen besser gefallen?

Wieprecht: Es gibt zum Beispiel ein Spiel, das wir in allen subtilsten Formen durchdeklinieren: "Wer übernimmt am meisten Verantwortung?" Das ist der Ball, den wir uns seit zehn Jahren hin und her werfen. Also: Robert, der er nun der Meinung ist, es gebe da noch so etwas wie eine soziale Determinante. Und ich, der mit den alten Lateinern immer sagt: "Jeder ist seines Glückes Schmied" - wir kämpfen da um die Deutungshoheit. Das wird von den anderen teilweise nicht verstanden. Aber wenn wir in diesem Prozess drin sind, finden wir das noch nicht einmal selbst lustig. Dann wird hart gekämpft.

Frage: Durch solche Duelle haben Sie sich über die Jahre zu einer regelrechten Marke entwickelt.

Wieprecht: Ich glaube, wir haben nie bewusst unser Programm gesteuert. Aber als wir beide dann zusammen waren und anfingen, uns so in kleinstverbalen Stellungskriegen zu beharken, da nochmal Verdun nachzuspielen und alles mögliche, da waren wir auf einmal so anspielungsreich und so detailliert, das man sich total darin verlor. Wir sind also wie so ein Wollknäuel durch die Welt gerollt, ineinander verhakt, und haben dabei gar nicht gemerkt, dass das Wollknäuel, anstatt sich abzutragen, immer größer wurde.

Skuppin: Wir sind beide, glaube ich, ehrgeizig. Das mit der Marke haben einem andere ab einem bestimmten Punkt gesagt. Da fühlt man sich dann geschmeichelt. Gleichzeitig hat man aber auch Angst davor, weil uns das unter Druck setzt. Man ist da ganz merkwürdig preußisch und denkt: Oh, Scheiße, man muss das immer erfüllen. Und dann fehlt einem manchmal die Lockerheit.

Wieprecht: Da versteckt sich Robert wieder hinter "man" - das Spiel mit der Verantwortung. Also, das geht mir gar nicht so. Ich finde das schon in Ordnung, als Person eine Marke zu sein! (zu Skuppin) Das siehst du ja anders. Du versteckst Dich ja gerne.

Frage: Liebe auf den ersten Blick?

Skuppin: Nö.

Wieprecht: Nö.

Frage: Sie schreiben in dem Buch davon, dass Sie sich am Anfang ziemlich angebrüllt haben.

Wieprecht: Das passiert auch heute noch. Da kriegen wir uns plötzlich in die Haare und das ist nicht alles nur Wattebällchen werfen.

Skuppin: Sagen wir mal, ich habe einen Termin beim Zahnarzt. Der ist um zehn Uhr und wenn der länger als bis um elf Uhr dauert, dann fahre ich als Erster nach Potsdam. Ist für mich ganz klar, weil es keinen Sinn macht, wieder zurück zu fahren. Ich sag ihm aber nicht Bescheid - er würde wahrscheinlich anrufen - also ich bin schon auf dem Weg...

Wieprecht: "Würde wahrscheinlich anrufen...?"

Skuppin: Würde wahrscheinlich anrufen.

Wieprecht: Mindert die Formulierung nicht ein wenig den Straftatbestand?

Skuppin: Ja, und dann bin ich auf dem Weg nach Potsdam und dann klingelt das Handy und er sagt, er wollte gerade vorschlagen, dass er zuerst nach Potsdam fährt. Dann sag ich, "Nee, klappt nicht, weil, ich bin schon unterwegs..."

Wieprecht: Das ist eine Lektion, die Robert einfach nicht lernt. Er bucht auch seinen Urlaub und stellt die Leute vor vollendete Tatsachen. (zu Skuppin) Wäre schon schön, wenn Du vorher mal fragen würdest! Es ist viel schöner, wenn man aktiv "Ja" sagen kann, anstatt sich hinterher verschlucken zu müssen.

Frage: Sie tragen das teilweise in die Sendung. Aber nicht komplett, denke ich.

Wieprecht: Das wollen Sie auch gar nicht hören. Glauben Sie mir.

Skuppin: Komplett kann man das nicht ins Radio tragen. Weil, das macht einem manchmal auch Spaß zu hören, wie dem anderen die Spucke wegbleibt. Und so ein Radio ist dann eben doch kein sprachloses Medium. Wenn man sich da eine Stunde lang nur ausschweigt, dann ist das schwierig.

Frage: Gibt es Gemeinsamkeiten?

Wieprecht: Was uns beide eint, ist: Wir spielen gern. Und entweder wir gewinnen oder wir verlieren. Aber wenn wir verlieren, ist das in Ordnung. Robert zum Beispiel kann eigentlich verlieren. Aber wenn es passiert, ärgert er sich so darüber, dass er es schon wieder genießen kann. Deshalb traut man sich was und es gibt es zwischendurch Situationen, wo wir beide sagen, "In diesem Punkt gebe ich dem Arschloch nicht nach! Und wenn jetzt hier alles verloren geht, wir alle Mitarbeiter entlassen müssen, wir die Firma verlieren - mir ist das jetzt egal." Das sind dann so Tage, an denen - selbst wenn draußen die Sonne scheint - für die Mitarbeiter hier drinnen schwere Wolken aufziehen...

Skuppin: Das mit dem Ehrgeiz stimmt. Aber mir ist es ganz, ganz wichtig, dass das niemand sieht. Das ist zum Beispiel beim Badminton so, dass ich immer noch lache, wenn ich 15:2 zurückliege...

Wieprecht: Anstatt, dass er es mal schafft zu sagen: "Jawoll, ich will Erster sein..." Das ist das Paradoxe, was er nicht löst und an dem ich dann immer schuld bin. Aber was die Rollenverteilung angeht, ist es schon so: Ich stehe vorne, Robert steht hinten. Aber er hält mich. Und sobald das Licht aus ist, ist es eigentlich umgekehrt: Da fahre ich in die zweite Reihe zurück.

Frage: Nun haben Sie Ihr Imperium über die Jahre immer mehr ausgeweitet. Was machen Sie eigentlich mit Ihrer Firma alles für Radio Eins?

Skuppin: Es war schon mal mehr. Zuliefern tun wir eigentlich nur noch "Die Profis" und "Die schöne Woche". Das sind die Sendungen, die hier in der Firma entstehen. Ansonsten sind es eher so kleinere Formate, wie zum Beispiel die "Pop-Splits".

Frage: Außerdem produzieren Sie Werbung, machen Veranstaltungen, die im Programm promotet werden, Sie machen als Firma Quizkonzepte, die dann wiederum in Sendungen laufen, die von Ihnen selbst moderiert werden. Ist die Konstruktion nicht gefährlich?

Wieprecht: Wir achten wirklich sehr genau darauf, dass wir das Spiel so spielen, dass wir nicht verlieren, weil wir ja ehrgeizig sind. Abgesehen davon sind wir damals eher gezwungen worden, diese GmbH zu gründen, um selbstständiger arbeiten zu können. Wir hätten das von uns aus niemals getan. Wir hätten unsere Sendung gemacht und uns dann bei mir in der Wohnung getroffen, ein bisschen herumtelefoniert und fertig ist die Laube.

Frage: Aber finanziell vermutlich nicht ganz unattraktiv.

Wieprecht: Ich glaube, für Radio Eins ist es nicht eine Frage von "Wir müssen den Jungs noch mehr Geld geben." Wir haben früher moderiert von morgens sechs bis morgens neun. Danach sind wir nach Hause gefahren, waren nachmittags im Kino und das wars. Seit 18 Jahren mache ich Hörfunksendungen, Robert macht seit 13 Jahren Radio. Da müssen wir dazu schon noch was anderes tun. Sonst sind wir nicht ausgefüllt.

Skuppin: Da kann ich jetzt mal den Chefredakteur von Radio Eins zitieren. Der sagt: "Pass auf, ich mach gern mit euch Geschäfte. Aber es muss für mich" -und damit meint er Radio Eins -"tatsächlich auch was bringen." "Die Schöne Party" ist für den natürlich eine Marketing-Veranstaltung, da hat er etwas davon. Und wenn eine Sendung nicht die Zahlen hat, dann nimmt er uns das eben weg. Dann ist es ihm auch egal, dass die Firma hier in die Krise gerät. Der will die Ideen haben. Wir haben ja mal ganz am Anfang - teilweise naiv -Teile der gesamten Radio Eins-Struktur gemacht: Die Weck-Attack ist von uns, der Namensforscher ist von uns, das haben wir alles in das Programm reingetan. Wo wir jetzt dazugelernt haben, ist, dass es eigentlich ganz schön blöde ist, so etwas kostenlos zu machen. Wenn wir jetzt noch mal Ideen haben, dann bieten wir sie eben als Konzept an und dann kann er sich überlegen, ob er das einkauft oder nicht.

Frage: Herr Wieprecht, ich habe gehört, dass Sie bei der Geburt Ihres Kindes aus dem Kreißsaal geflogen sind?

Wieprecht: Nee...! Wer hat denn das erzählt? Das war...im Gegenteil...ich kann mir gar nicht erklären, wie das zustande kommt...ich überlege grade...Marie war danach noch mal in einem anderen Krankenhaus, da bin ich aber auch nicht rausgeflogen. Das war ein ganz rührender Augenblick. Es war eine sehr konzertante, sehr innige, sehr intensive Erfahrung... Sie können Ihrer Quelle einen schönen Gruß sagen, sie möchte mal bei mir vorsprechen.

Skuppin: (zu Wieprecht) Aber das war schon lustig: Es gab alle möglichen Not-Überlegungen und Pläne, wann das Kind kommt, damit Du da auch hinkommen kannst. Es ist natürlich trotzdem während einer Radiosendung passiert.

Wieprecht: Nee, es ist nicht während einer Sendung passiert.

Skuppin: Doch, ich glaube 18.30 Uhr war der Nachrichtenblock, oder 17.30 Uhr, dann noch eine oder anderthalb Stunden Sendung.

Wieprecht: Möchtest du jetzt auch noch erzählen, wie es für mich war, und wie ich im Krankenhaus...

Skuppin: Ich erzähle nur, wie es für mich so war, weil ich die Sendung alleine zuende bringen musste. Darum hat sich ja niemand gekümmert, dass ich mir ja auch Sorgen machte. Das wollte niemand wissen.

 

Seitenanfang

Übersicht

 

     [ Home ]  [ Texte / Beiträge ]  [ Themen ]  [ Lebenslauf ]  [ Kontakt ]  [ Sitemap ]
             [ Print ]  [ Radio ]  [ Netz ]  [ Extras ]
     [ Menschen ] [ Musik ] [ Uni ] [ Motor ] [ Immobilien ] [ PC ] [ Netzwelt ] [ Vor Ort ]