Spät erfüllter Knabenwunsch

Hans Wentzel hat sich mit 70 Jahren einen DKW / IFA F9 aufgebaut - das Auto, das er schon als junger Mann fuhr.

Wenn er von der Technik seines Oldtimers erzählt, bricht bei Hans Wentzel der Ingenieur durch: Vom Motor mit dem kompakten "Dynastarter" erzählt er, der eine Lichtmaschine überflüssig macht und den Wagen notfalls auch elektrisch fahren läßt: "BMW hat das gerade wieder als letzte Neuheit vorgestellt." Vom "absolut elchsicheren" Fahrwerk, das verhindert, dass sich der Wagen in Kurven zur Seite neigt, der noch heute zeitgemäßen Zahnstangenlenkung, und, und, und...

Wovon er redet, weiß der agile 70jährige ganz genau. Schließlich hat er den 1950er DKW/IFA F8 im Lauf des letzten Jahres bis auf die letzte Schraube zerlegt und wieder aufgebaut: "Ich hatte keine Ahnung von Oldtimern, aber ich habe gedacht, ich muss jetzt was tun", beschreibt Wentzel seine Motivation. Schon in den Fünfzigern hatte er das gleiche Modell bewegt, auch am F8 seiner Eltern hatte der Schiefbahner als junger Mann geschraubt. Das wollte er diesmal eigentlich nicht tun: "Aber alle Autos, die ich gesehen habe, waren kaputtrestauriert. Da war alles falsch dran, der Motor, die Chromteile, die Embleme... Dann habe ich in München eine absolute Schrottkiste gesehen und gedacht, 'jetzt legst Du Dich selbst drunter'."

An Arbeit war kein Mangel, schließlich hatte der Wagen in der DDR noch bis weit in die siebziger Jahre irgendwie weiterfahren müssen: Alle Kotflügel schrottreif, die Technik komplett überholungsbedürftig, Kühler undicht, falsche Spiegel, fehlende Teile, morsches Holz - jawohl Holz: Bis auf das Fahrgestell besteht der DKW-Aufbau aus massiven, in Form gebogenen Bohlen, die mit imprägniertem Sperrholz beplankt sind.

Ein Stellmacher nahm sich also des Rahmens an, derweil kümmerte sich Wentzel um Technik und fehlende Teile - und lernte dabei eine Menge über das deutsche Autobahnnetz: "Die Kühlerjalousie ist aus Hamburg, für andere Teile bin ich bis Erfurt, Ulm oder Celle gefahren. Den Kühler habe ich in Düsseldorf reparieren lassen, und dabei hat sich herausgestellt, dass der Vater des Reparateurs genau diesen Kühler als Meisterstück gebaut hat." Glücksgefühle gab es gratis dazu, etwa als sich ein 50 Jahre altes Bakelit-Armaturenbrett im Holzdesign original verpackt in einer Lagerecke finden ließ.

Zur Zeit steht der DKW in der Karosseriebau-Werkstatt Steppen in Münchheide, wo Motorhaube und vordere Kotflügel angepasst und, wie der restliche Aufbau, tannengrün lackiert werden. Wentzel hofft, dass er sich den fertigen Oldtimer selbst als Geschenk unter den Christbaum stellen kann. Angst, sich mit dem Liebhaberstück in den Straßenverkehr zu wagen, hat der Ingenieur übrigens nicht: "1953 bin ich mit dem gleichen Modell über alle Alpenpässe gefahren. Der DKW ist sehr robust."

 

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