Zigarre mit Vollgas

Historischer Rennsport muss gar nicht teuer sein. Einsteigen kann eigentlich jeder, der schon mal in einem Indoor-Kart saß.

Er sieht aus wie eine Kreuzung aus Spielzeug und Formel Eins: Nicht mal bis zur Hüfte reicht der dunkelgrüne Rennwagen: Filigran ragen die Radaufhängungen aus dem zigarrenförmigen Body mit dem ovalen Maul - sitzt der Fahrer drin, ist er mit dem Hintern nur eine Handbreit über dem Asphalt, die freistehenden Räder auf Augenhöhe, während kein Schalldämpfer das aggressive Grollen des Auspuffs im Zaum hält.

Der Lotus 22 ist Baujahr 1962, ursprünglich ein Fahrzeug der damaligen Formel Libre. Trotzdem muss er außer Konkurrenz starten bei den "CGE Energie - German Open für historische Rennsport- und Formel-Fahr-zeuge", weil irgendwann mal ein falscher Motor reingekommen ist. Eigentlich sollten am Nürburgring vom 19. bis 21. Juni nur original wieder aufgebaute Rennwagen starten. Mit 500 bis 700 Fahrern rechnen die Organisatoren: Von "zivilen" 115 PS im Formel-Ford-Monoposto bis zu 800 PS starken V8-Boliden aus der "Can Am"-Serie der frühen 70er Jahre reicht das Spektrum, das sich für den Düsseldorfer DMC 5 um die Plätze balgt. Dazu kommen noch Renn- und Sportwagen bis zurück in die Vorkriegszeit und natürlich auch historische Renn-Motorräder.

Durch einen Bekannten ist Helmut Reuscher an seinen ersten Rennsportwagen gekommen (das sind die mit den zwei Sitzen und verkleideten Rädern): Der Lotus 23 war in zwei Teile zerlegt und vorbereitet für den Einbau eines VW-Golf-Motors. Sieben Jahre hat Reuscher investiert, um den Originalzustand wiederherzustellen - kein Wunder, bei nur rund 150 gebauten Autos.

Was aber treibt jemand dazu, sich mit einem derartigen Kleinod auf der Rennstrecke der Gefahr auszusetzen, um nach einem Unfall wieder von vorne beginnen zu dürfen? "Fast alle, die mitfahren, haben ihre Autos selber wieder aufgebaut. Da schaut man sich dreimal um, bevor man zum Überholen ansetzt." Trotzdem wird auf dem Ring mit dem alten Material kräftig gefightet: Die Rundenschnitte liegen zum Teil auf dem Niveau moderner Tourenrennwagen. Und dabei bietet die historische Serie Rennsport als Sonderangebot: "Ein rennfertiger historischer Formel-Ford-Wagen kostet etwa 30.000 Mark. Dann braucht man noch einen Satz Reifen, Gurte, feuerfeste Kleidung - und kann damit drei Jahre Spaß haben. Und wenn man vorher ein paar Runden Indoor-Kart gefahren ist, sollte man auch mit dem Handling keine großen Probleme haben."

Reuscher hat in seiner Halle inzwischen um die 15 historische Wagen stehen, teils als Puzzle über das halbe Gelände verstreut. Jetzt freut er sich auf den Nürburgring: "Das sind Rennen von Fahrern für Fahrer, nicht so VIP-mäßig wie im modernen Rennsport. Und auch für die Zuschauer ist die Sache interessanter, denn bei uns gibt es keine Geheimnisse. Da darf jeder in die Boxengasse und den Leuten beim Schrauben zusehen."

 

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