Keine Teile gibt es nicht

Christian Oehring repariert in Krefeld Oldtimer. Seit vielen Jahren hat er das Grundrezept der Branche beherzigt: nichts wegwerfen!

Einen eigenen Oldtimer hat sich Christian Oehring nie gekauft. Zwar steht bei dem Kempener ein Mercedes 170S-Cabriolet, Baujahr 1952, in der Garage, doch das hat sich der Werkstatt-Chef schon vor 30 Jahren zugelegt: "Die wollte damals keiner mehr haben. 2500 Mark
habe ich bezahlt - das war eine Menge Geld."

In Oehrings heller, großer, Werkstatthalle an der Kleinewefersstraße in Krefeld stehen die Kunden-Schätzchen dicht an dicht: Der Oldie-Käfer parkt unter einer Hebebühne, auf der ein 1939er Mercedes-Kastenwagen steht, ein paar Meter weiter ist ein Triumph-Roadster platziert und in einer Ecke warten gleich zwei barocke Mercedes-Cabriolets auf Zuwendung. Die weißen Handschuhe zieht sich dafür aber niemand an - repariert wird alles, was auf den Hof rollt: Gleich nebenan wühlt ein Mechaniker in Armaturenbrett eines dem Tode nahen VW Jetta, Oehring selbst kümmert sich gerade am Schraubstock um die Radaufhängung eines Mitsubishi-Pickups.

Das Kapital der Oldtimer-Werkstatt hat sich angesammelt: Im Aufenthaltsraum liegen alte Reparaturanleitungen für die heutigen Liebhaberstücke, das Ersatzteillager gleicht einer fast überquellenden Schatzkammer: Stapelweise liegen uralte Rücklichtgläser im Regal, eine gasse weiter stapeln sich Kupplungsteile - ehemals gängige Modelle könnte man aus dem Fundus vermutlich fast komplett wieder zusammenbauen.

"Kein Ersatzteil zu bekommen, das gibt es nicht", meint Oehring. "Irgendwo auf der Welt gibt es immer noch was. Man sieht auf der Straße doch mehr Autos aus den 50er Jahren als unverbastelte Golf eins." Und wenn doch einmal kein Teil mehr geben sollte, dann wird es eben nachgebaut.

Wichtigstes Kapital ist aber die Erfahrung des 59-Jährigen - schließlich hat er an den Oldtimern schon gearbeitet, als sie noch ganz normale Gebrauchtwagen waren: "Die Mercedes aus den 50ern, die hatten damals vor allem Studenten - gerade die Diesel, denn da kostete ein Liter in Holland nur 14 Pfennig."

Einfach weggeworfen wird deshalb in dem Betrieb, den Oehring zusammen mit seinem Sohn Markus führt, so schnell nichts, auch wenn manche Teile etwas länger im Regal liegen: "An den Oldtimern gehen nach 30 Jahren schließlich Sachen kaputt, bei denen sich das damals keiner vorstellen konnte. Umweltfreundlicher ist es auf jeden Fall, Autos möglichst lange zu fahren. Und Oldtimer schaffen schließlich auch Arbeitsplätze - nur über einen längeren Zeitraum."

Aber Oldtimer hin, Schrauberehre her: Auf eins legt der Kfz-Meister, der in seiner Freizeit als Hobby-Imker 60 Bienenvölker versorgt, Wert: "Schreiben Sie, dass wir ein ganz modern ausgestatteter betrieb sind, mit allem, was dazugehört."

 

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