Oldies but Goldies

Sei es die Liebe zum Detail, der Abglanz vergangener Zeiten oder das anachronistische Fahrgefühl - für viele Auto-Liebhaber gibt es nichts Schöneres als einen liebevoll gepflegten Oldtimer zu fahren. Drei Autos - drei Schicksale.

Die Tachonadel zittert bei 40 Meilen pro Stunde. Hart und satt liegt der weiße MG TC mit dem hohen grünen Kühlergrill auf der Straße - kaum zu glauben, bei den dünnen hohen Rädern. Mit 54 PS war der MG ein richtiger Sportwagen, damals, 1949, und das merkt man auch, wenn man damit fährt. Der kalte Wind der Abenddämmerung verstärkt noch den Eindruck der Geschwindigkeit- natürlich fahren wir offen, und die Windschutzscheibe endet etwa in Nasenhöhe. Ludger Hanstedt wirft den kleinen Roadster in die Kurve, und ich frage mich ein ums andere Mal, ob wir eins der geparkten Autos schrammen werden, aber er wird es schon wissen: Das große dürre Lenkrad sitzt rechts, direkt über den filigranen Instrumenten im Holz-Armaturenbrett.

"Ich habe das Modell 1991 auf der Motorshow in Essen gesehen, und von da an hat er mich nicht mehr losgelassen mit seinen großen Rädern und den freistehenden Scheinwerfern. Der Wagen hat ein richtiges Gesicht." Ein Jahr hat er ernsthaft gesucht, bevor er den Wagen in Münster gefunden hat, einen von etwa 75 in Deutschland. Der Kaufpreis ist ein Geheimnis, aber "ich würde ihn nicht mehr hergeben", mit all den skurrilen Details: dem Holzrahmen, auf dem die Karosserie ruht, dem Motor, der aussieht wie eine Mischung aus Baukasten und Schiffsdiesel, bis hin zum Öldosenhalter im Motorraum.

Der MG hat es Hanstedt gedankt: Bis heute nur ein einziger ernsthafter Defekt - aber der ausgerechnet auf der Vorzeigeveranstaltung für automobile Klassiker, den "2000 Kilometern durch Deutschland": "Bei Michelstadt ist eine Ölleitung gebrochen, aber zum Glück war ein Goldschmied an der Strecke, und der hat sich angeboten, die Leitung zu löten."

Noch ein bisschen härter hat es Willy und Franz Davids bei der gleichen Veranstaltung getroffen: Ihnen ist, verlorener Schraube sei Dank, die ganze Karosserie ihres 1935er Mercedes 200 Cabriolet vom Rahmen gefallen: "Du denkst erstmal 'Scheiße' - dann die Karosse per Wagenheber aufgebockt, notdürftig mit Spanngurten festgemacht und dann ganz vorsichtig in die Werkstatt und einen neuen Bolzen drehen lassen."

Die Rallye haben sie dann tatsächlich noch zu Ende gefahren. Und sie war es auch, für die der Daimler mit den fließenden Art-Deco-Linien ins Haus gekommen ist: Vater Franz Davids fuhr Mercedes SL "Pagode" - doch für dieses Allerweltsauto" war kein Platz im Teilnehmerfeld. Also wurde eben investiert: "Dabei wollte ich gar kein Vorkriegsauto", erinnert sich Sohn Willy Davids, "so eine richtig heiße Kiste wäre mir lieber gewesen. Wenn mehrere dieser alten Wagen im Pulk fahren, dann kommen die zwar manchmal nur mit 20 den Berg hoch, aber es ist genauso eng, als wenn es ein Rennen zwischen ein paar Porsche Turbo wäre." Im vergangenen Jahr ist noch ein Bentley Open Tourer ins Haus gekommen - so haben Vater und Sohn bei den diesjährigen "2000 Kilometern" jeweils ihr eigenes Steuerrad in der Hand.

Familiäre Gründe haben dagegen Ralf Raspe zum Besitzer eines "Neue Klasse"-BMW 2000, Baujahr 1969, werden lassen: "Mein Onkel hat sich so einen gekauft als ich sieben war, und ich bin damals in der Garage immer heimlich damit gefahren, habe in meiner Phantasie Schulfreunde abgeholt und als einmal das Lenkradschloss eingerastet ist, hatte ich richtig Angst, entdeckt zu werden."

Manchmal kann soviel emotionale Bindung allerdings ein wenig die Sehkraft trüben - der BMW, von einem Freund als Ersatzteilträger angeschafft, hatte diverse kleine Probleme mit Rost, Bremsen und Automatik. Einzig das Fahrgefühl stimmte, richtig halbstark fühlt sich der Wagen an, mit dem satten Fahrwerk, dem Holzlenkrad, das nach gelochten Fahrerhandschuhen schreit und dem BMW-typischen dumpfen Heulen.

Heute, kaum 9000 Mark später ist das Auto wirklich alltagstauglich: "Ich glaube, wir könnten doch noch Freunde werden. Eigentlich wollte ich ja wieder einen Citroen DS fahren - aber jetzt bleibt der BMW erst mal..."

 

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