Lola brennt

CDs kopieren? Musik aus dem Internet ziehen? Was nach dem neuen Urheberrecht erlaubt und was verboten ist.

Brennen verboten? Nicht ganz - aber die Zeiten werden härter alle, die es gewohnt waren, von ihren Original-CDs oder DVDs gelegentlich eine Kopie für Freundin oder Schwiegermutter anzufertigen. Der Grund ist das „Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“, das aller Voraussicht nach im Herbst in Kraft treten wird.

Kernstück der neuen Vorschriften für den privaten Anwender: Kopien für private Zwecke bleiben legal. Verboten wird es allerdings in Zukunft sein, zur Erstellung solcher Duplikate einen Kopierschutz auszuhebeln. Auch Herstellung und Vertrieb von Kopier- und Ripper-Programmen mit solchen Fähigkeiten stehen bald unter Strafe. De facto bedeutet das den leisen Abschied von der privaten digitalen Kopie, denn kaum noch eine DVD oder Musik-CD kommt ohne entsprechende Vorrichtungen auf den Markt.

Heute wird das neue Gesetz im Vermittlungsausschuss diskutiert. Geht nichts Entscheidendes mehr schief, könnten Bundestag und Bundesrat die neuen Vorschriften noch in dieser Woche absegnen. Die Bundesregierung folgt damit einer Anweisung der Europäischen Union, die ihre Mitgliedsländer schon vor zwei Jahren aufgefordert hatte, die Einschränkungen in Sachen CD- und DVD-Kopien in nationales Recht umzusetzen.

Aus der Nähe betrachtet, birgt das neue Werk allerdings einige Unklarheiten und Zweifelsfälle. Wir erklären, was in Zukunft erlaubt, verboten und in der Grauzone sein wird.

Verboten:

In Zukunft wird es nicht mehr erlaubt sein, den Kopierschutz von Musik-CDs mit Hilfe entsprechender Software wie etwa CloneCD oder Alcohol 120 % zu umgehen, um so Kopien von geschützten Bild- und Tonträgern zu erstellen. Auch die Herstellung, Einfuhr und der Vertrieb solcher Software steht unter Strafe.

Der reine Besitz wird allerdings nicht unter Strafe gestellt, soweit er nicht gewerblichen Zwecken dient. Auch das Knacken von Kopierschützen steht nicht unter Strafandrohung, sofern Kopien nur im privaten Umfeld verteilt werden. Allerdings könnten in beiden Fällen Schadenersatzforderungen auf die User zukommen. Verlässt die Kopie den Rahmen von Familie und Freundeskreis, stehen bis zu einem Jahr Gefängnis oder Geldstrafe im Raum. Wer Handel mit Raubkopien treibt, riskiert sogar drei Jahre Haft. Übrigens: Schon wer mit solchen Kopien eine Party beschallt, verlässt den eng gezogenen privaten Rahmen.

Auch das Aushebeln von Abspielbeschränkungen ist laut neuem Gesetz verboten. Das bedeutet, dass CDs oder DVDs, die ab Werk nicht im Computer-Laufwerk abgespielt werden können, nicht mit Hilfe von Manipulationen lauffähig gemacht werden dürfen. Der alte „Edding-Trick“, also das Überlisten älterer Kopierschutz-Varianten durch das Anbringen einer Filzstift-Linie an passender Stelle, ist damit nicht mehr legal.

Was Tauschbörsen à la Kazaa oder EMule angeht, gilt nach gängiger juristischer Meinung: Eindeutig verboten ist nur der Upload, also die Freigabe von copyright-geschützten Musik- oder Film-Dateien auf der eigenen Festplatte zum Download für andere. Allerdings ist ein Download ohne Upload bei vielen Börsen gar nicht möglich. So etwa bei EDonkey und dessen Derivaten wie etwa EMule, wo Teile von Dateien schon von anderen Nutzern von der eigenen Platte heruntergezogen werden können, während man selbst noch herunterlädt. Generell ist jetzt schon der Download von Software, die strengeren Kriterien unterliegt.

Bleibt noch die Frage, wie die neuen Verbote durchgesetzt werden können. Zwar hat Justizministerin Brigitte Zypries bereits angekündigt, eine Kriminalisierung der Schulhöfe werde es nicht geben. Aber in den USA sorgten in den letzten Tagen Nachrichten für Aufruhr, nach denen die Musikindustrie Nutzer von Tauschbörsen mittels Spionage-Software identifizieren und haftbar machen will. Auch in Deutschland ist der Einsatz solcher Verfahren denkbar. Thomas Stein, Deutschland-Chef der Plattenfirma BMG bestätigte etwa, man hole derzeit weitere Informationen zu den Programmen ein. Und: Guckt sich die Polizei aus anderen Gründen den heimischen Rechner an, etwa in Steuerverfahren, können auch die dabei gemachten Zufallsfunde verwertet werden.

Grauzone

Das neue Urheberrecht enthält den Passus „wirksamer Kopierschutz“ dürfe nicht ausgehebelt werden. Allerdings scheiden sich die Geister in der Frage, was „wirksam“ bedeutet. So funktionieren bestimmte Varianten nur unter Windows. Wer solche CDs etwa auf einem Apple-Rechner zum privaten Gebrauch brennt, begibt sich nach gängiger Auffassung nicht in die Illegalität.

Ebenfalls keine klare Antwort gibt es auf die Frage, welche Programme in Zukunft verboten sein werden. Das Gesetz definiert hier, dass der wesentliche Zweck der Software die Erstellung nicht legaler Kopien oder das Umgehen eines Kopierschutzes sein müssen. Aber auch Allerwelts-Brennprogramme wie Nero oder CDR-Win enthalten in ihren aktuellen Fassungen die Möglichkeit, so genannte „Images“ zu erstellen, also Eins-zu-Eins-Kopien von Datenträgern. Der Kopierschutz muss hier nicht geknackt werden – er wird einfach mitkopiert. Hier sind Klagen der Hersteller zu erwarten. So hat SAD, Vertreiber von CDR-Win, aber auch des DVD-Rippers MovieJack, bereits angekündigt, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Und noch mehr Verwirrendes: In der Empfehlung für den Vermittlungsausschuss findet sich sinngemäß die Formulierung, Kopien seien dann generell verboten, wenn die Vorlage bereits rechtswidrig hergestellt sei. Heißt: Von einer gerippten CD oder DVD dürfen keine weiteren Duplikate hergestellt werden. Allerdings kann sich der User in den meisten Fälle darauf berufen, dass er nicht eindeutig wissen konnte, aus welcher Quelle eine Vorlage stammt. Er muss es auch nicht.

Auch bei Downloads aus Tauschbörsen greift diese Argumentation, da in der Regel noch nicht einmal bekannt ist, von welcher Quelle geladen wird. Initiator der Definition ist übrigens die Musikindustrie - allerdings hat man hier bereits weiteren Handlungsbedarf erkannt und will die Quellendefinition in der nächsten Stufe des Urheberrechts eindeutiger festzurren lassen. Die Novelle soll in der zweiten Jahreshälfte diskutiert werden.

Erlaubt

Private Kopien von nicht dagegen geschützten Medien sind und bleiben erlaubt. Auch wer seine Freundin mit einer Mix-CD beglücken will, deren einzelne Songs aus legalen Quellen stammen, darf das ohne Einschränkungen tun.

Übrigens findet sich im Gesetz auch ein Passus, nachdem die Hersteller von geschützten CDs und DVDs Vorkehrungen treffen müssen, die das Erstellen privater Kopien erlauben. Näher definiert ist das allerdings nicht – gut möglich also, dass die Firmen auf das althergebrachte Verfahren Überspielkabel plus Leercassette verweisen werden.

Dafür darf der Kunde natürlich auch weiterhin CDs zum Händler zurückbringen und sein Geld zurück verlangen, wenn diese auf dem Computer nicht laufen. Ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes müssen solche Tonträger dann eindeutig gekennzeichnet sein. Hält sich der Hersteller oder der Händler nicht daran, drohen Bußgelder bis zu 100 000 Euro.

Und: Ja – man darf die Originale kopiergeschützter CDs und DVDs auch weiterhin ansehen.

 

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