Der neue RBB - Einigkeit fällt schwer

Ein klassisches Opfer der Spaßgesellschaft: Über die RBB-Fusion habe ich zwar schreiben können, doch statt des ernsten Medienstücks ist am Ende Comedy draus geworden. Auch nicht schlecht.

Wächst jetzt zusammen, was zusammengehört? Oder, gehört zusammen, was da zusammenwächst? Schwer zu sagen. Jedenfalls startet zum 29. Februar, neun Monate nach der Fusion von SFB und ORB, das gemeinsame Fernsehprogramm des RBB für Hauptstadt und Fläche.

Vereinigungseuphorie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Im Vorfeld der Fusion hatte man ja einiges gehört: Einen "Think Tank" gebe es, junge Kreative träumten losgelöst von finanziellen Fesseln und Schere im Kopf die gemeinsame Zukunft. Blühende Fernseh-Landschaften als gemeinsame Vision, die Sendervereinigung als Vorreiter für eine Länder-Ehe zwischen Berlin und Brandenburg. Das klang nicht schlecht, auch wenn man es schon damals nicht so richtig glauben wollte.

Der Blick auf das neue Programmschema scheint die Vorahnungen zu bestätigen: Alte Filme und ARD-Buffet am Nachmittag, eine opulente Info-Schiene inclusive Abendschau beziehungsweise Brandenburg Aktuell zwischen 18 und 20 Uhr, nach der Tagesschau Ratgeber und Service zu allen möglichen Themen, garniert mit etwas Talk und der einen oder anderen alten Serie.

Das könnte einem ziemlich bekannt vorkommen - und in der Tat scheint man das neue Programm vor allem dadurch konzipiert zu haben, dass man alles, was die alten Sender im Angebot hatten, auf den Tisch gelegt und die Ecksteine zu einem neuen Format zusammengebastelt hat. Das Sandmännchen bleibt, der Ex-ORB darf seinen Rasenden Reporter samt Simson Schwalbe behalten, der ehemalige SFB dafür das "Satirefest" und den berühmt-berüchtigten Gernsehabend mit allem, was man zwischen Pfitze und vier Stunden Militärmusik am Stück so aus dem Fundus zaubern kann. Dazu kommen diverse Fusionen und Transplantationen von Sendekonzepten, auf die man schlecht verzichten kann: eine gemeinsame Sport-Sendung etwa oder den Ex-"Berliner Platz", der sich als Polit-Talk namens "Klipp und klar" nun eben mit zwei Bundesländern auseinandersetzen darf.

Als Highlight hat man Jörg Thadeusz und Ulla Kock am Brink eingekauft, die künftig für den RBB talken werden. ",Leute am Donnerstag' stellt interessante Gäste vor, greift Schlagzeilen auf und erzählt die aufregenden, spannenden Geschichten dahinter", beschreibt der Sender das - auch nicht wirklich neue - Konzept. Und natürlich - die eine oder andere nette Idee findet sich schon im Angebot. So richtet die Hauptnachrichtensendung "rbb um sechs" schon seit Jahresanfang den Fokus auch nach West-Polen und alle 14 Tage schickt das Polit-Magazin "Klartext" in Zukunft Brandenburger nach Berlin und umgekehrt, um über die dortigen Aufrege-Themen zu berichten. Aber auch wenn Sendungen zum Thema Garten oder Tierwelt sicher ihr Publikum finden werden - außer "solide" fällt einem wenig ein, wenn man das neue Schema charakterisieren soll.

Vielleicht sind die Verantwortlichen ja durch die schlechten Erfahrungen bei der Fusion der Alt-Wellen Radio Drei und Radio Kultur zum neuen Kulturradio dazu bewogen worden, diesmal auf Nummer sicher zu gehen. Denn auch wenn schon die alten Programme weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit gesendet hatten, reichte das Echo auf den Zusammenschluss immerhin aus, um die Feuilletons der Berliner Zeitungen in erbitterte Schlachten um Rubriken wie "Klassik zum Frühstück" zu verwickeln.

Überhaupt fällt auf, dass die Beschäftigten der beiden Ex-Anstalten noch auffällig oft die Vokabeln "SFB" oder "ORB" im Mund führen, wenn sie eigentlich "RBB Berlin" oder "RBB Brandenburg" sagen sollten und das hinter den Kulissen offenbar noch die Verteilungskämpfe zwischen Berlin und Potsdam toben. Für zusätzliche Demotivation sorgte die neue Führung dadurch, dass sie in dem Bestreben, rechtlich einwandfreie Verhältnisse zu schaffen, einen Krieg mit den eigenen freien Mitarbeitern vom Zaun brach. Vor allem beim alten SFB hatte man nämlich erkannt, dass diese nicht im Stellenplan auftauchen und in der Folge die ARD-internen Beschäftigungsregeln äußerst großzügig interpretiert - mit dem Effekt, dass eine durchaus relevante Zahl von Mitarbeitern die Chance gehabt hätte, sich als Festangestellte in den Sender einzuklagen. Um das zu verhindern, hätte man die Schatten-Angestellten erst einmal in Pause schicken müssen - eine Idee, die die meist wirtschaftlich von der Anstalt abhängigen Mitarbeiter naturgemäß nicht besonders komisch fanden. Die Drohung wurde zwar so hart nie ausgesprochen, aber die Signale reichten aus, um die Auseinandersetzung bis hin zu einem Freien-Streik bei der Abendschau eskalieren zu lassen. Derzeit wird in der Angelegenheit verhandelt. Gelöst ist das Problem noch nicht.

Wie sich schon an anderer Stelle erwiesen hat: Vereinigungen brauchen Zeit - und zwar meistens mehr als man vorher gedacht hätte. So lässt auch RBB-Fernsehdirektor Gabriel Heim in der Presseinfo zum neuen Schema verlauten: "Das Programm wird mit prägenden Innovationen kontinuierlich weiterentwickelt, um künftig auch vermehrt jüngere Zuschauer zu erreichen." An dem "künftig" wird er sich messen lassen müssen.

 

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